Review: Stefano Tamburrino – Seacup
Das Label Tǔk Music des italienischen Trompeters Paolo Fresu hat einen neuen Musiker hinzu gewonnen: den Schlagzeuger Stefano Tamburrino. Und dieser hat gleich ein neues Album vorgestellt: Seacup. Und das beginnt – natürlich – mit: Streichern.
Streicher? Das sind doch jene Jäger der Klänge, die mit Saiten und Bogen auf die Jagd nach Noten gehen. Was haben denn die auf dem Album eines Schlagzeugers verloren?
Verloren haben sie nichts. Lediglich beigetragen, und zwar eine sehr klassisch-gehobene Einladung, sich in die Klangwelt Tamburrinos einzulassen. Schließlich hat die noch viel mehr Überraschungen parat – nicht nur das leicht angerockte Schlagzeug und drollige Elektro-Einwürfe im ersten Stück Coda.
Seacup ist kein konventionelles Album. Schon allein die Besetzung verrät, dass Schlagzeuger inzwischen Vollblut-Musiker sind. Mit Tamburrino spielen Ilaria Lanzoni (Violine), Katia Moling (Viola), Andrea Beninati (Cello), Gabriele Evangelista (Kontrabass) und Dan Kinzelman (Saxophon). Was zugleich ein Verhältnis von 3:3 zwischen Musikern und Musikerinnen bedeutet, denn Andrea Beninati ist wie Tamburrino Italiener.
Die Musik ist überwiegend verhalten und atmet tief. Speziell für die Formation komponiert, stellt sie Stimmungen deutlich vor Rhythmik, das gerade bei einem Schlagzeuger-Album überrascht. Die Stile, die Tamburrino mischt, spannen sich von Jazz über Klassik bis Elektro-, Volks- und Kammermusik und liefern dabei immer wieder eine interessante Mélange, beispielsweise in Olifante/The Kinzelman.
Seacup ist die Synthese eines inneren Meeres, fabuliert die begleitende Pressemitteilung, und bei aller Wortmalerei – so ganz falsch ist das nicht einmal. Das Etikett „lyrisch“ dürfte man dem Album ebenso anheften wie das Attribut „Innerlichkeit“. Die Musik Tamburrinos ist entschleunigt und intim, wie ein Zwiegespräch zwischen der Bühne und dem einzelnen, einzigen Zuhörer, dort vorne, auf dem Stuhl und erinnert an das stille Solo-Album Mark Hollis von eben jenem Talk Talk-Sänger selig Mark Hollis.
Auch wenn ich nicht gerne Pressejubeltexte zitiere, auf Seacup passt das PR-Hurra trotzdem: Famos.
Album-Daten
Interpret: Stefano Tamborrino
Titel: Seacup
Genre: Jazz
Label: Tǔk Music
Erschienen: 09.04.2021
Spielzeit: 1.00:15 min
Abbildungen: Tǔk Music