Do You Remember… – Ü-50 Trommeln, Teil 1

Do you Remember – die Frage aus Marillions "Kayleigh" gilt auch für andere Momente im Drummer-Leben
„Do you Remember?“ – die Frage aus Marillions „Kayleigh“ gilt auch für andere Momente im Drummer-Leben

Bestimmt bin ich nicht der einzige: Als ich 17 war, saß ich mit einigen Freunden zusammen und wir plauderten eines Abends über Musik. Natürlich waren wir alle ganz angetan von Bands und es lockte der große Traum: Money for nothing and the chicks for free.

An der nächsten Biegung lauerte dann der fatale Satz: „Wir gründen eine Band!“

Anschließend wurden die Instrumente verteilt: Gitarre, Bass, Keyboards. Weil gleich zwei Adepten für die Gitarre votierten, aber bisher alle die Drums vergessen hatten, die damals noch altbacken Schlagzeug genannt wurden (so als würde jemand mutwillig und beliebig auf Gedöns rumprügeln –  vielleicht einer der Gründe, warum Schlagzeuger im Gegensatz zu Pianisten und Violinistinnen bis heute kaum Prestige in diesem Land besitzen).

Jedenfalls musste sich einer der Gitarristen zum akustischen Feuerwerker umorientieren, und ich sagte: „Na gut, spiele ich Schlagzeug.“ War ja nur ein Satz und morgen würden wir wieder mit dem Fahrrad zur Schule fahren und die Tage wären zurück in ihrem euphorie-entschlackten Gleichtakt. Weit gefehlt. Denn:

Erst verkündete der Gewinner-Gitarrist, er habe eine Gitarre gekauft. Dann zog der Bassist nach und auch der Keyboarder vermeldete Vollzug. Nun standen Sie vor meiner Haustür und skandierten: „Wo sind die Trommeln?“

Na gut, sie skandierten nicht, aber sie fragte, ob ich jetzt auch ein Schlagzeug kaufen würde. Die Folge waren ausgiebige Konsultationen mit meinen Eltern, zum einen wegen der Finanzierung, denn schon damals waren Schlagzeuge teuer und ausreichend Taschengeld Mangelware, zum anderen wegen des zu erwartenden Lärms.

Zu Punkt 1 erklärte sich mein Vater bereit, mir das Geld vorzustrecken. (Er hat es übrigens nie zurückgefordert, wofür ich ihm sehr dankbar bin!).

Zu Punkt 2 schlugen meine Eltern den Partykeller vor, der – mutige Entscheidung – direkt unter dem Wohnzimmer war.

Zu Punkt 3 – Wie kaufe ich ein Schlagzeug????? – konnte ich einen befreundten Trommler gewinnen, einen musikalisch guten und auch erwerbstechnisch umsichtigen Menschen. Er hörte sich für mich um und begleitete mich zu dem Verkaufsgespräch, an dessen Ende ich ein blaues Yamaha-Set mit nach Hause nahm: Ein Yamaha 700. Das sagte der Verkäufer, weil auf den Schildern der Trommeln dreistellige Zahlen standen, zum Beispiel BD-722.

Zwar war Yamaha nicht Sonor, aber schlecht war Yamaha auch nicht. Bloß dass es ein 700-er war, frustrierte mich etwas. Ein Anfängerschlagzeug. Eine blau folierte Schießbude. Manchmal hat es mich runtergezogen, das Gefühl, ein nachrangig-lowklassiges Set zu spielen, gerade wenn irgend etwas nicht so klappte wie gedacht und es nahe lag, dem blöden Set die Schuld zu geben, statt mal in den Spiegel zu schauen.

Hätte ich damals gewusst, dass Yamaha nie ein 700-er gebaut hat, sondern dass mein Set ein 7000-er war, vielleicht wäre ich etwas demütiger gewesen. Und etwas einsichtiger. Warum?

Das 7000-er war, als es herauskam, die Serie unter dem Flaggschiff des Hauses und der Vorläufer der legendären Recording-Serie. Oder anders ausgedrückt: Ich hatte sauglück mit meinem Set!

Welches Sau-Glück das war, zeigte sich auch noch zehn Jahre später. Wir hatten einen Gig und der Mixer am Mischpult war beeindruckend. Er trimmte seine PA so, dass sie wie eine große HiFi-Anlage klang: ausgewogen, druckvoll, sortiert und transparent.

Als ich nach dem Soundcheck zu ihm kam, blickte er mich an und sagte: „Ich habe noch nie ein so harmonisches Schlagzeug gemischt.“ Da hatte er recht. Auch ich habe selten ein so harmonisches Set gehört. Und ich habe eine Zeit lang Konzerte rezensiert, darunter auch solche namhafter Jazz-, Pop- und Rock-Größen.

Was zu der Erkenntnis führt: Wenn man früher wüsste, was man später merkt, wäre mancher Schritt sicher anders. Und vor allem: Besser. Mit dieser Erkenntnis im Gepäck übt es sich immerhin leichter – 30 Jahre später. Nur der Start fühlt sich gleich an:

Wieder bei Null.

 

PS: „Do you remember?“ ist die häufig gestellte Frage im Song Kayleigh auf dem Album Misplaced Childhood von Marillion.

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