Take Five – Das Stimm-Dilemma
Sagte ich schon, dass das charmant alte Pearl President nicht alleine kam? Das 5-Piece-Set hatte zwei Kollegen dabei, ein 8“ und ein 10“ Amati-Tom, Made in Czecheslovakia, gleichfalls in den End-1960-ern gefertigt. Fünf Toms – das ist natürlich prima. Davon träumt der Schlagzeuger, für den ja immer gilt: Ein Tom, ein Ton. (Weshalb das chromatische Schlagzeug Terry Bozzios auch gefühlt eine ganze Halle füllt…)
Nun also ich. Nicht ganz so üppig wie Terry, aber mit fünf statt zwei Toms schon deutlich mehr als erwartet, weshalb ich mich direkt den akustischen Unstimmigkeiten widmen kann. Die lassen sich bekanntlich durch den Einsatz eines speziellen Vierkants-Schlüssels und offener Ohren leicht beheben. Wobei …
Was mich etwas ratlos auf die gestellte Aufgabe blicken lässt: Ich habe immer nur ein klassisches 5-Piece Set gehabt. Hier aber warten zwei Toms extra. Das könnte schwierig werden.
Was mich hoffnungsfroh auf die gestellte Aufgabe blicken lässt: Ich habe mal ein Lob aus toningenierurigem Munde erhalten. Und zwar, nachdem der Soundcheck auf der Bühne durch war. Er habe noch nie so ein harmonisches Schlagzeug gemischt, sagte der Herr. Etwas tonales Talent scheint es also zu geben. Puh!
Was mich zweckoptimistisch auf die gestellte Aufgabe blicken lässt: Ich weiß, wie Gavin Harrison seine fünf Toms stimmt, auch wenn das drei Hänge- und zwei Floor-Toms sind, die mit 8“, 10“, 12“, 15“ und 18“ auch andere Maße haben als mein Holz-Quintett. Egal.
Verraten hat Gavin Harrison seine Tom-Stimmung übrigens in einem Youtube-Interview mit Sarah Hagan, der Profi-Betreuerin im Marketing von Beckenhersteller Zildjian. Und er verrät nicht nur, dass er sein Resonanzfell immer höher als das Schlagfell stimmt, sondern auch, dass die tonale Differenz zwischen den Trommeln jeweils etwa eine Terz beträgt.
Und noch besser: Gavin gibt sogar ungefähre Töne an. Seine Stimmung lautet (Trommel, Schlagfell, Resonanzfell):
- 8“ Tom ∼e ∼g
- 10“ Tom ∼h ∼cis
- 12“ Tom ∼fis ∼a
- 15“ Floor-Tom ∼H ∼Cis
- 18“ Floor-Tom ∼G ∼A
Dass die Töne nicht exakt sind, ist ein bisschen den Trommeln als Trommeln geschuldet, aber auch dem Umstand, dass ein präzise auf einen Ton gestimmtes Set faktisch eine bestimmte Tonleiter bedient – und alle anderen nicht. Für ein Instrument, dass überhaupt nur sehr wenige Töne beisteuern kann, wäre das kontraproduktiv.
Ich lasse mal das Stimmgerät beiseite und folge der alten Regel: vom 16“ Floor-Tom zum 13“ Tom-Tom eine Quarte und zwischen 13“ und 12“ Tom-Tom eine Terz – also ein Ta-Tü-Ta-Tü des Martinshorns gegen das karnevalistische Tä-tää-tä-tää (erinnert sich jemand?).
Nachdem das vollbracht ist, versuche ich, mich vom 12“-Tom auf das 10“-Tom und von dort auf das 8“-Tom um je weine weitere Terz hoch zu arbeiten. Das klappt mit dem 10“-Tom ganz gut. Das 8-er ist dagegen etwas bockiger und ich muss jede Menge probieren, damit der Ton sauber steht und die Resonanz passt.
Hinderlich dabei dürfte allerdings auch sein, dass die Amati-Kessel deutlich dicker als die der Pearl-Trommeln sind, was gerade bei den kleinen Maßen das Mitschwingen erschwert. Außerdem ist das Resonanzfell leider ebenso dick wie das Schlagfell, was den Gesamtklang auch etwas stumpf wirken lässt. Dem werde ich in einem weiteren Schritt abhelfen: Alle Trommeln müssten nämlich neu befellt werden.
Aber erst einmal reicht es. Sowohl von der aufgewandten Zeit als auch vom erzielten Ergebnis. Nur eine Sache ist echt blöd dabei:
Ich habe keinen Ständer für das 8“-Tom…
PS: Take Five ist ein Titel vom Album Time Out des The Dave Brubeck Quartet