School – Benny Greb: Effective Practicing
Vor einer Weile habe ich mit mit dem Frage befasst, wie ich mein Üben verbessern kann. Jetzt habe ich mich um einen Erkenntnis-Booster bemüht und mir Benny Grebs Buch Effective Practicing For Musicians. The Ultimate Guide for How To Become Better At Your Instrument. Das ist ein langer Titel, und das Buch ist noch länger. Also dicker. Insgesamt zählt die Paginierung 189 Seiten (inklusive Danksagung und Kurzbiografie). Lohnt sich der Blick ins Buch?
So viel sei verraten: Es lohnt sich für jeden, der Englisch kann. Oder Spanisch. Denn leider ist dieser clevere und locker geschriebene Ratgeber nur in der Lingua France des IT-Zeitalters und seit kurzem auch in der Lingua Ballermann-nensis zu haben, also auf Spanisch. Das ist gut für viele, aber schade für manch andere, die gewiss auch von den Ratschlägen, Überlegungen, Steighilfen und Mutmachern profitieren würden. Darum werde ich versuchen, ein paar grundlegende Aspekte des Buches zusammenzufassen.
Aufgebaut ist Grebs Buch, das er übrigens schon 2020 herausgegeben hat, in drei Abschnitte und 36 Kapitel. (Die sind allerdings nicht nummeriert). Die Drei Abschnitte umkreisen die Kernthemen des Buches:
- Das EPM-Prinzip (EPM bedeutet natürlich Effective Practicing for Musicians)
- Das EPM-System einrichten
- Loslegen
Diese werden von Greb in vielen kleinen Schritten häppchenweise und leicht verdaulich erklärt. Und – das ist noch viel wichtiger – er macht sie anschaulich und greifbar, so dass sie leicht und direkt in den Alltag überführt werden können.
Zum Auftakt folgt gleich eine zentrale Aufforderung, die sich schon beim bloßen Darübernachdenken als äußerst sinnig erweist:
Trenne Üben und Spielen.
Hintergrund ist, dass Üben dazu dient, gezielt eine bestimmte Fertigkeit zu verbessern, in dem Schritt für Schritt auf ein vorher festgelegtes Zeil hingearbeitet wird. Es umfasst Hände, Füße, Rudiments und Rhythmen, Time und Timing, Dynamik und Tempo, all die Einzelteile, aus denen später ein musikalischer Ausdruck der Persönlichkeit wird.
Spielen dagegen befördert die Kreativität – und das gelingt am besten frei und ungezwungen, so dass man sich selbst überraschen kann. (Weshalb es sinnvoll ist, sich von Beginn an aufzunehmen. Ganz nebenbei erstellt sich so die Dokumentation des persönlichen Fortschritts.)
Als nächstes führt der Weg weg von Sticks, Pad und Set hin zur Umgebung derselben: Wie sieht ein optimaler Übungsraum aus? Wie wünschen sich die geneigten Lesenden IHR ureigenstes Refugium für die musikalische Selbstentfaltung? Statt Patentrezept folgt die Stichwortliste, die sich jeder bitte selber schreibt. Danach kann eingerichtet werden.
Und wenn meine perfekte Übungs-Umgebung gerade mal nicht da ist? Dann ließe sich auf einem Bügelbrett trommeln. Zum Beispiel. Und mit dem Beispiel einher geht die Aufforderung, die Phantasie schweifen zu lassen, um die mannigfaltigen Möglichkeiten zu entdecken, die hier und dort und andernorts gleichfalls taugliche Übungsmöglichkeiten schaffen. Das Kopfkissen im Hotel (Dennis Chambers lässt grüßen, während andere warnen: „Überforderung der Muskulatur!“)? Die Matratze vom Bett? Es gibt überraschend viele Alternativen zu Pad und Sticks.
Und wenn so gar nichts Betrommelbares zu finden ist? Dann übt es sich halt ohne Instrument. Üben heißt schließlich nicht bloß, sich isoliert in motorischer Repetition zu ergehen. Es kann auch bedeuten, Strukturen von Lieder zu erarbeiten, das rhythmische Vokabular zu erweitern, sei es durch schlichtes Studium oder durch Klopfen, Klatschen, Klappern. Und es lässt sich mit Metronom-Apps üben, sei es das reine Timing, Steigerungen oder so hübsche Sachen wie 3 gegen 4 oder 4 gegen 7.
Dass Disziplin nicht instrumentelles Strammstehen bedeutet, beleuchtet Kapitel 5 (wobei die Kapitel nicht nummeriert sind…). Der wichtigste Punkt hierbei: Disziplin lieben zu lernen, und zwar als Werkzeug, das die Übenden vorwärts trägt.
Und was trägt entscheiden zur Disziplin bei? Motivation! Wie sich die erarbeiten lässt, macht Greb anhand der Fragen „Was?“ und „Warum?“ deutlich, bevor er den Prozess aufdröselt, der das Motivations-Fundament zu bilden hilft.
Und dann? Geht es über in die Selbstfindung: Wer sind Drummer, die einen beeindrucken? Warum ist das so? Was kann das für das eigene Trommeln bedeuten?…
Aber bevor ich auch das nun auch noch im Detail aufdrösele, lieber ein kurzer und viel effektiverer Tipp: Grab your Greb!
PS: School ist ein Lied der Prog-Rock Band Supertramp, das zuerst 1974 auf dem Album Crime of The Century erschien.
Abbildungen: Flamadiddle