Drive my Car – Schlagzeug abholen

Die Straßen sind erstaunlich eng und munter gewunden. Aber schön ist es, das Sauerland. In dem fahre ich gerade herum, auf dem Weg zu meinem neuen alten Set. Ich hole das Pearl President, der für einen prima Kurs in liebevolle Hände abzugeben war. Auch deshalb habe ich nicht ein ähnliches Set quasi um die Ecke bei mir genommen, sondern dieses hier. Denn es ist nicht nur günstiger und umfangreicher. Der Verkäufer war mir auch gleich sympathisch :-).

Angekommen grüßt Verkäufer Frank per Corona-Faust-Gruß durch das herunter gelassene Seitenfenster. Dann lotst er mich in den Hof seiner Wohnstatt. Aussteigen, Maske auf und hinter ihm her ins Haus. Da wartet schon seine Frau, die etwas traurig ist, dass das schöne Set jetzt fährt, und ein kleines Fräulein Hund, das sich fast überschlagt, erst vor bellen, dann vor Hände ablecken, und das sehr enttäuscht ist, dass sie nicht die Attraktion des Nachmittags bleibt.

Rauf die Treppe und ab nach hinten, ein schöner Raum, Schrägen bis in den Giebel hoch, luftig, etwas abgedunkelt, mit Lampen an den Seiten für atmosphärisches Licht (nicht wegen des anstehenden Verkaufs und um die Sichtprüfung zu unterbinden, sondern wegen eines Fußballspiels im TV). Und neben dem TV steht er: Ein ansehnlicher Trommelstapel.

Gucken, schnappen, packen. Und nach einer Weile ist der Kofferraum voll. Was da den Platz raubt?

  • 14 x 5,5“ Pearl President Snare
  • 22 x 14“ Pearl President Bass-Drum
  • 16 x 16“ Pearl President Floor-Tom
  • 13 x 9“  Pearl President Tom-Tom
  • 12 x 8“  Pearl President Tom-Tom
  • 10 x 6“ Amati Tom-Tom
  • 8 x 6“   Amati Tom-Tom

Die Snare ist wie das Set im Finish Black Pearl, das bei ihr allerdings aus seltsamen Gründen in den vergangenen 50 Jahren zu Grey Pearl ausgegraut ist ;-). Dazu gibt es allerhand Kleingedöns von Sticks und Fellen über Besen, Bücher und einer Stick-Tasche bis zu einem I.S.S.-Halter nebst Tom-Armen, typische 90-Grad-Winkel aus den frühen 1970-ern und vollverchromt. Die Folge der Ladeorgie:

Ich sehe nichts im Rückspiegel.

Die Taschen, die es (neu!) auch dazu gab, sind auch für lange Trommelmaße tauglich und so versperrt die Bassdrum-Tasche breitschultrig und selbstbewusst die Sicht nach hinten. Also aussteigen, zwei Spanngurte kreuzweise über den Cordura-Zylinder ziehen und die Höhenausdehnung beschränken. Seilzug-Schrumpfung, sozusagen. Es wirkt und ich kann wieder sehen, was hinter mir los ist.

Und was ist in mir los?

Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht genau. Ein überbordend zappeliges Heureka-Gefühl sucht mich nicht direkt heim. Es ist aber auch nicht so, dass ich als emotionsloser Holzrohr-Chauffeur über die 300 Kilometer Asphalt bürste.

Eher ist es ein ruhiges entspanntes Gefühl der Freude. Ein perspektivisches Lang-Lächeln in dem Wissen, dass sich eine Durststrecke ihrem Ende nähert. (Sofern sich die Eindrücke der ersten Wochen Practice-Pad langfristig auf das gesamte Set übertragen. Sonst transportiere ich hier bloß einen große Stapel Illusions-Booster… – wir werden es erfahren).

Auch der Verkauf war sehr angenehm. Viel plaudern über Erfahrungen, Trommeln (die Büchsen) und Trommeln (das Büchsen-Hauen), die eigene „Musiker-Karriere“, ein Plausch über Becken (pingend und zischend am Gespräch beteiligt waren auch ein Schwung Istanbul Mehmet traditional, herrlich erdig) und sowieso.

Als Frank mir die Trommeln einzelne zeigte, schaute ich sie mir an, links, rechts, oben, unten, und schlug dann mit der Hand auf das Floor-Tom. „Wumms!“ War das dunkel und voll! Damit hatte ich nicht gerechnet, da das in etwas zeitgleich gefertigte Pearl, auf dem ich an der Uni gespielt hatte, auf Jazz gestimmt war und bei jedem Schlag vor allem munter melodisch vor sich hinsang. Das hier war gleichfalls musikalisch, aber mit Wumms. Und das aus nur 16 Zoll!

Vielleicht lag es auch ein bisschen am Raum, das mag sein, aber mein 16×16 Yamaha 7000 war definitiv nicht so wummig. In dem Moment grinste ich schon recht ordentlich, denn mit so einem Kessel lässt sich viel(es) an Klang fangen. Insofern bin ich gespannt, wie sich das gesamte Set ausmachen wird – und wie es in unserem Keller klingt, Der ist nämlich nicht so hoch wie Franks Trommel-Geschoss. Und auch sonst ein bisschen eigen.

Aber jetzt geht es erst einmal weiter über die A3, A1 und A2 zurück nach Hause. Die Trommeln hocken ruhig im Heck, rutschen nicht, klappern nicht, wackeln nicht, lassen sich gelassen durchs Land tragen und werden, wenn wir angekommen sind, im Keller aus ihren Taschen und  genauer unter die Lupe genommen, dann gereinigt, eventuell mit neuen Fellen bezogen, gestimmt und schließlich…

Stehe ich da. Mit meinem Satz Trommeln. Ohne Rack. Ohne Ständer. Ohne Pedale. Ohne Sitz. Ohne Becken.

Oh oh…

 

PS: Drive My Car ist ein Song der Beatles und fand sich zuerst auf dem Album Rubber Soul von 1965.

 

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