The Carpet Crawlers – Drum-Teppich kaufen

Wer jemals eine Bassdrum auf den nackten Boden gestellt hat, weiß, dass diese Tat jede Menge Komplikationen im Gepäck hat. Und vor 30 Jahren, als kaum ein Pedal eine gummierte Basis-Platte unter seinem Tritt besaß, war das Abenteuer noch viel größer. Ein Tritt, und schon war die Wumme mit den auf ihr residieren Tom-Toms ein paar Zentimeter nach vorne gerückt – wo sie gar nicht hin sollte.

Wer sich clever wähnte, drehte die Spikes der Fußmaschine raus (wenn sie welche hatte), brachte die Spikes der Bassdrum-Beine zum Vorschein (wenn sie welche hatte) und/oder kaufte sich die drollig-hässlichen Bassdrum-Spikes, die vorne am Spannreifen angeschraubt wurden (und die es heute immer noch gibt!). Das Resultat:

Stahl-Malerei auf den Fliesen. Oder Kratzer im Parkett. Beides fand in der Regel nicht das Wohlgefallen von Eltern, EigentümerInnen, EhegattInnen oder VermieterInnen. Was also tun?

Na klar! Einen Teppich drunter legen.

„Nimm das alte Ding hier“, sagte meine Mutter und händigte mir ein wohlgelittenes Erbstück aus irgend einer dunklen Ecke des Hauses zum weiteren Verschleiß aus. Der Gedanke ist schließlich so einfach wie bestechend:

Liegt der Stoff zwischen Trommel und Boden, findet die Trommel Halt und der Boden ist geschützt.

Das war in der Theorie auch richtig, die Wirkmächte des tretenden Fußes und seines mobilen Übersetzers zeigten sich dagegen von ganz anderer Natur: Nach den ersten paar Tagen waren bereits eindeutige Schnittmuster in der fragilen Flechtware zu bemerken, was zum Griff nach etwas robusterem führte – um die erste Wahl zu doppeln. Damit wurde das Set ähnlich der Prinzessin auf der Erbse auf Stapelware gebettet. Viel hilft halt viel.

Heute sind wir 30 Jahre weiter und trotzdem noch immer dort, wo auf einem Banner über der Linie „Start“ steht.

„Nimm einfach, was da eh schon liegt“, lautet die Replik meiner bessere Hälfte auf den Hinweis, das Pearl President müsse auf einem Teppich residieren. Die Lernkurve war in diesem Fall allerdings schneller: Die Spikes zu sehen genügte für einen spontanen Sinneswandel. Der führte zu einem Online-Händler für Musikalien und passenden Bodendeckern. Und was es da nicht zu entdecken gibt!

Es findet sich rote, blaue, gelbliche Auslegware, in klassischen Paisely-Mustern oder als Kopie tradierten arabischem Teppich-Chics – das Firmenlogo meist dezent in der Ecke platziert (bis auf einen deutschen Anbieter, der seine Buchstaben gleich Reihenweise über die Flechtwiese verstreut).

Der selbe Logo-Streuwiesen-Hersteller hat auch vollflächig schwarz im Angebot (Logo in der Mitte; logo) und den wilderer-affinen Zebra-Look, der unter dem Set für alles von Unruhe bis optischer Verwirrung sorgt.

Andere posen mit der regenbogenbunten Bordüre ihres Produktes der Marke „Hausmarke“ (die natürlich nicht so heißt, aber solange mich keiner für die Werbung bezahlt, spotte ich anonym und unentgeltlich).

Und die renommierten Trommel-Lieferanten? Schreiben einfach Ihren Namen flächendeckend aufs Gewebe. Oder fügen ihn mittig in die umlaufende Randkanten-Verzierung ein. Da fällt die Auswahl schwer.

Noch schwerer wird es, wenn praktische Aspekte ebenfalls eine Rolle spielen. Womit das erste Stichwort schon gefallen ist: Rolle. Muss ich meinen Drum-Rug (so heißt Teppich auf Trommeltechnisch) ständig rumschleppen? Dann sollte er rollbar sein und am besten auch zwei Bändchen zum Verschnüren eingenäht haben. (Die dann im Alltag peu-a-peu zertreten werden, weil sie gedankenverloren auf dem kalten Beton des Übungsraum-Bodens herumlungern.)

Und dann möchte natürlich niemand, dass der Teppich nebst Aufbau auf Wanderschaft geht. Gummierung heißt das Zauberwort, das in der Produkt-Beschreibung für ein freudvoll hüpfendes Herz sorgt, verheißt es doch gebändigte Mobilität.

Ganz nebenbei – und nicht zu verachten – reduziert die Gummierung immerhin teilweise den sogenannte Trittschall, also dass die Schlag- und Trittgeräusche beim Spiel auf den Boden übertragen und dann im ganzen Gemäuer verteilt werden. Das freut Familie sowie Nach-, Über-, Unter- und Nebenbarn, den Vermieter und nicht zuletzt die Polizei, die seltener wegen ruhestörender Klopfgeräusche nach 22 Uhr ausrücken muss.

Die Perle unter den Teppichhändlern hat noch einen anderen Kniff in Petto (beziehungsweise in der Nähmaschine): Eine Tasche für ein Holzdreieck. Das ist vorne mittig in den Teppich eingearbeitet, um als werksseitiges Widerlager der Bassrum die Reiselust zu nehmen. Ein hübscher Gedanke, der leider potthässlich aussieht und als mittiger Fixpunkt nicht jedem Aufbau-Wunsch entspricht.

Noch etwas anderes spricht gegen das Modell „Berliner Mauer“: Das Format. Schließlich sollen ja alle Beckenständer, Trommeln und der Throne – wie Drumhocker dank emsiger Anglisten heute heißen – ebenfalls Platz finden, um sich als Einheit präsentieren können. Dass so etwas nötig sein könnte, scheinen nicht alle Teppich-Weber zu ahnen. Oder sagt Ihnen das Format 130 x 90 zu? Für mich klingt das eher nach Badläufer oder Cajon-Flokati.

Mein Herz schlägt für 190×160 cm. Das Format verspricht Platz in der Breite und Platz nach vorn und hinten. Damit verdeckt der Teppich nicht bloß als Bodenschutz-Feigenblatt das Notdürftigste, sondern vermittelt mit dem Schlagzeug, das auf ihm residiert, auch etwas Wohnlichkeit: Seht, hier habe ich meinen Platz. Schaut, ich bin ganz hübsch. Guckt, so zivilisiert kann sich ein Musikinstrument präsentieren.

Und: Mein Herz schlägt für klassisch arabisch anmutende Muster in zurückhaltender Farbgebung – schließlich ist das Schlagzeug der Star. Dass es eine entsprechende Auslegware sogar mit Ökotex-Label unter einer dreistelligen Summe gibt, freut mich besonders. Und darum stünde mein Set jetzt auf einem soliden Drum-Teppich mit Kuschelflor und Gummibremse, wenn es da nicht einen kleinen Haken gegeben hätte: Polyester. Ich mag keine Kunststoffe.

Darum endete es ganz anders, als die Marketing-Maschienerie für liquide Trommeljünger vorsah. Ich habe mich für einen wollgewebten beige-grauen Teppich mit floralem Muster entschieden, 1,7 mal 2,4 Meter im Format und aus den Hallen eines skandinavischen Welt-Einrichters. Und dessen Teppich erfüllt gleich mehrere Zwecke:

  • Er beherbergt das Set in ziviler Weise.
  • Er lässt mir Platz für das Practice-Pad
  • Er lässt den Raum wohnlicher aussehen.

Was es da noch zu sagen gäbe? Trommlerherz, was willst du mehr!

 

PS: The Carpet Crawlers ist ein Titel vom Album The Lamb Lies Down On Broadway der Gruppe Genesis.



Abbildungen: Flamadiddle



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