Fools in Love – Ein E-Drum Set kaufen (Tipps)

 Wer ein E-Drum-Set kaufen möchte, sollte folgendes nicht tun: In ein Geschäft gehen, um zum Beispiel eine Fußmaschine auszusuchen, sich dabei von seiner Begleitung auf die schönen Trommeln hinweisen lassen, dieser Begleitung dann die Zügel überlassen, worauf sie spontan das schönste und teuerste Set im Shop auswählt, einschließlich der Elektronik, die nicht ganz so teuer ist, während sich die Beratung des Verkäufers auf die Qualität der Trommelkessel beschränkt, um die Frage, was denn das Sound-Modul so alles nicht kann, komplett auszublenden. Denn: Wer redet, führt.

Das Ergebnis ist dann ein drum-tec Pro mit einem Roland TD-17, was in etwa gleichbedeutend ist mit einer Mercedes S-Klasse, deren Chromteile aus China kommen und in der ein Golf-Motor steckt. Zum Glück ist es immerhin ein Golf GTI. Trotzdem ist dieses Verfahren dumm. Was statt dessen zu tun ist:

Nie einen spontanen Kaufentschluss fassen!

Und:

Sich vorher über E-Drums informieren. Und zwar nicht in Prospekten, sondern da, wo über die Dinger gemeckert wird. Denn es gibt eine Reihe von Aspekten, die für sie, aber auch Aspekte, die gegen sie sprechen. Der Haken ist, dass die Contra-Kommentare selten von E-Drum Eignern kommen, denn wer gibt schon gerne zu, ein Idiot zu sein? Zumal öffentlich?? Ok, ich bin so frei:

Ich bin ein Idiot.

Zu meinem Selbstschutz könnte ich versuchen, das Urteil mit „Idiot der Umstände“ zu mildern. Aber das böse I-Wort bleibt trotzdem haften. Macht nichts. Immerhin folgen die folgenden Zeilen auf Basis von Erfahrungen. Das mag dem geneigten Noch-Nicht-Käufer zu Einkehr und Mahnung gereichen. Und anderen Leidensgenossen zur Gewissheit: Du bist nicht allein!

Wer diesem Blog folgt, wird den ein oder anderen E-Drum-Schmähtext schon gelesen haben und einige der darin befindlichen Kritikpunkte kennen. Allem voran steht dieser:

E-Drums sind höchstens dumme Computer. Und ohne Computer – nämlich das so genannte Sound-Modul – sind sie bloß teure Practice-Pads, deren Beitrag zum realen akustischen Geschehen aus Pock, Pog oder Pokk besteht. Pling, Ping, Peng, Tschak und Bumm? Fehlanzeige. Denn:

E-Drums klingen praktisch nicht. Selbst solche, die wie echte Trommeln aussehen, sind mit ihren Mesh-Heads und der gelegentlich hinzugefügten Dämpfung maximal für ein zurückhaltendes Singen zu haben, das bei jeder Trommel klingt, als sei sie eine weitere Snare. Mit einer Ausnahme: Der Bass-Drum. Die sagt einfach nur stumpf-trocken Bpp. Das ist so ähnlich wie Pffft.

E-Drums sind also Hilfsmittel, die akustische Trommeln bis zu einem gewissen Grad ersetzen können. Wobei das auch wieder nur bedingt korrekt ist, denn in einigen Fällen sind E-Drums eine gute Wahl. Und zwar:

  • wenn „Hauptsache Draufhaun“ schon den Gipfel der Glückseligkeit darstellt
  • wenn das Ziel ist, Drums in Studio-Qualität und gut mikrofoniert zu spielen, ohne ein Drum-Set in Studio-Qualität gut mikrofonieren zu müssen
  • wenn man – dank Sound-Samples – mehr als ein Drum-Set haben möchte, ohne mehr als ein Drum-Set kaufen zu müssen
  • wenn klangliche Nuancen, tonale Variationen, verschiedene Effekte filigranen Spiels oder die Wahl des Schlagwerkzeugs keine Rolle spielen
  • wenn auf der Bühne viel Zeit gespart werden kann, muss oder soll, die sonst für das Mikrofonieren der Drums verschwindet
  • wenn immer ein kontrollierter, klar definierter, bekannter und vertrauter Sound gewünscht ist
  • wenn – Stichwort Mesh-Heads – ein Practice-Set mit echten Trommel-Eigenschaften gewünscht ist
  • wenn man zu viel Geld übrig hat und einen kostspieligen und modernen Kleiderständer will, der zugleich einen Hinweis auf die eigene Musikalität liefert

Ok, das letzte ist vielleicht doch kein Argument, der Rest aber schon. E-Drums sind nicht per se eine blöde Idee, sie zeichnen sich nur durch ein limitiertes Angebot aus, das nicht überall und in jeder Situation als Benefit wahr genommen wird.

Denn überall dort, wo es um Musikalität in der vielfältigen Gestaltung des Klanges geht und nicht bloß darum, vorgefertigte Akustik-Konserven im Rahmen ihrer Sample-Güte und -Vielfalt wieder zu beleben, in solchen Fällen ist ein E-Drum fehl am Platz.

Aber es gibt noch mehr Gründe, die für E-Drums sprechen, zum Beispiel diese hier:

  • Sie sind als relativ leises Übungs-Werkzeug für zuhause geeignet.
  • Sie liefern gleich ein Metronom mit.
  • Mansche haben auch ein paar Play-Along Songs dabei.
  • Sie haben viele Sounds an Bord, neben diversen Sets auch Percussion und vielleicht sogar eine Kesselpauke.
  • Ihre Klangbibliothek lässt sich meist vielfältig erweitern.
  • Die Klangbibliothek lässt sich neu zusammen stellen und als Set speichern, in der Regel sogar mehrfach, was dann eine Reihe eigener Sets ergibt.
  • Sie helfen, fix ein paar Beats aufzunehmen, mit Click im Ohr und auf SD-Karte, die sich leicht weiter reichen lässt.
  • Und sie können in der Lautstärke sehr gut geregelt werden, was einem Gehörschaden vorbeugt. 

Was bei allem Pro-und-Contra gleich bleibt, ist dagegen auch elektronisch nicht zu regeln: Trittschall. Dem ist grundsätzlich zu Leibe zu rücken. Denn Impulse bleiben Impulse, und das hören andere Hausbewohner all zu häufig gar nicht gerne. 

Aber sonst:

Eigentlich geht’s ja doch, wenn erst mal klar ist, was überhaupt geht. Glück gehabt.

PS: Fools in Love ist ein Song vom Debut-Album Look Sharp des britischen Musiker Joe Jackson. Wer es live mit Applaus hören möchte, findet es in drei Versionen auf dem Doppel-Album Live 1980-1986.



Screenshot: Flamadiddle



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